Sallach an der Kleinen Laber

 

 

 

 

  Geschichte

Älteste Funde einer menschlichen Siedlung stammen aus der jüngeren Steinzeit (4000-2000 v. Chr).
Aus der Urnengräberbronzezeit (ca. 2000 v.Chr.) stammt eine am Sportplatz gefundene  Wohngrube mit Scherben und Hüttenlehmresten.
Die sog. Latene- oder Keltenzeit (ca. 550 v.Chr.) hinterließ neben zahlreichen Funden im Dorf und Umgebung zwei Viereckschanzen nordöstlich von Sallach, von denen eine ihres Aufbaues wegen ein keltisches Gauheiligtum gewesen zu sein scheint.
Nach Abzug der Römer geschah um 500-525 die Einwanderung der Bajuwaren, einem aus Böhmen stammenden Bauervolk.
"Salath" (Sallach) hatte seinen Namen aber aus vorrömischer Zeit und leitet  sich aus Salath (=Weidengehölz) oder Salland (=Herrenland) ab.
Bei der Lohmühle fanden sich bajuwarische Reihengräber mit reichhaltigen Beigaben aus  Gebrauchs- und Schmuckgegenständen, sowie zahlreichen Waffen.
Älteste urkundliche Erwähnung findet Sallach 1010 (Originalauszug):
„Als im Jahre 1010, am 17. April, die 1002 abgebrannte Kirche zu Obermünster neu eingeweiht wurde, gab König Heinrich der Heilige den Befehl zum Seelenheil seines Vorgängers Kaiser Otto, und zu seinem und seiner Gattin Kunigunde Seelenheil diese königliche  Hofmark Salath, gelegen in der Grafschaft Ruotperts in Duonochgowe (Donaugau),  dem Kloster zurückzuerstatten...“
Am 30.4.1028 ordnet Kaiser Konrad die Rückgabe der königl. Hofmark Salath an das Kloster  Obermünster an, nachdem es erst von einem Karolinger, Ludwig dem Frommen, an dieses übergeben wurde, später  jedoch in der Zeit der Ungarneinfälle von Urnulf dem Bösen diesem wieder entrissen wurde.
Hatte man schon lange vor dem Bau der Umgehungsstrasse durch Luftbildauswertung gewusst, dass sich etwas unter der Erde verbirgt, so war man nun durch die ermittelten Befunde doch überrascht.
Schon vor ca. 7000 Jahren,  in der Jungsteinzeit, der ersten Siedlungswelle der Menschheit, haben die gegebenen Voraussetzungen die Menschen an diesen Platz gebunden. Die vorhandenen Quellen und damit das lebensnotwendige Wasser (auch heute gewinnt man hier Trinkwasser für die Bevölkerung) sowie die überschwemmungsfreie Lage oberhalb der Laaber lies die Menschen hier siedeln.

Weiterhin fand man einen Urnenfelder-Friedhof aus der Zeit um 1000 v. Christus. 
Urnen mit den Überresten einer Feuerbestattung wurden mit Erdhügeln überdeckt und an der Größe der Anlage kann man auf die gesellschaftliche Stellung des Toten schließen. Durch die Art und Weise der Bestattung und der beigefügten Keramik (nur noch in kleinsten Scherben auffindbar) führt zur Datierung der Funde. 
Unter dem Pflughorizont lassen sich die palisadengefassten Hügel als dunkle Kreise erkennen.
Die dritte Epoche, die in Sallach nachgewiesen werden konnte, lässt sich auf das 2.-3. Jahrhundert nach Christus datieren. Vor knapp 2000 Jahren befand sich an dieser geschichtsträchtigen Stelle ein römischer Gutshof, der zur Versorgung der Römergarnison in Straubing beigetragen hat. Führten die Römer Wein und Olivenöl aus Italien ein (gefunden wurde ein Teil einer röm. Amphore) so mussten doch vor Ort die Grundnahrungsmittel angebaut werden, um das Kastell in Straubing mit mehr als 1000 Bewohnern zu versorgen. Aus verschiedenen anderen Ausgrabungen kann auf die Bauweise und die Ausstattung der „Villa Rustica“, dem römischen Gutshof, geschlossen werden. Da der Gutshof nicht durch Luftbilder sichtbar ist, muss davon ausgegangen werden, dass sie aus Holz gebaut wurde.



Urnenfeldfriedhof (Ausgrabung Umgehungsstraße)

       Karte um 1568


Lageplan von Sallach aus dem Jahr 1815

 

Bericht von Eduard Hien über das Ende des Krieges und der Zeit danach in Sallach
(wörtliche Wiedergabe)

Aufzeichnung, wie ich, Eduard Hien, geb. am 31.8.1924 in Sallach, die letzten Kriegstage, bzw. den Zusammenbruch in Sallach erlebt habe:

Im August 1944 wurde ich beim Rückzug an der Ost-Front in der Nähe von Warschau, in Polen, verwundet. Durch einen Granatsplitter verlor ich das rechte Bein. Ich kam in verschiedene Lazarette und wurde dann nach Abheilung der Verletzung mit Dauer-Urlaub nach Hause geschickt. So konnte ich ab März 1945 die Ereignisse in Sallach miterleben.
In dieser Zeit waren in Sallach nur noch ältere Männer und Jugendliche bis ca. 18 Jahren neben den Frauen im Ort. Sie alle mußten die schwere Feldarbeit leisten, nebenbei das Vieh und die Kinder versorgen. Kaum daß in dieser Zeit noch ein Angehöriger (Soldat) auf Urlaub heimkam. So war ich in dieser Zeit fast ausschließlich von dieser Generation allein in Sallach anwesend. Im Ort waren sehr viele französische Kriegsgefangene, die den Bauern zur Arbeit zugeteilt wurden. Das Verhältnis mit den französischen Gefangenen war ausnahmslos sehr gut. Mir ist nichts bekannt, daß es irgendwie zu Schwierigkeiten gekommen wäre. Die Franzosen waren in einer Sammel-Unterkunft beim Koller-Wirt auf dem Tanzboden einquartiert. Sie gingen morgens zu ihren Bauern zum Arbeiten und mußten abends wieder in die Sammel-Unterkunft zurück. Sie arbeiteten bei den Bauern fleißig und erhielten dafür als Lohn die Verköstigung. Sie hatten allgemein ein freies Leben und hätten jederzeit die Möglichkeit gehabt, zu fliehen. Es hat diesen Franzosen doch verhältnismäßig in dieser Kriegszeit bei uns gut gegangen und keiner ist geflohen. Zwei Soldaten der Deutschen Wehrmacht waren für die Gegangenen als Wachposten zugeteilt. Diese taten zwar ihre Pflicht, ohne besondere Strenge und hätten sicher ein Fliehen der Gefangenen auch nicht verhindern können. Diese Franzosen kamen aus dem Gefangenenlager in Moosburg. Den Bauern wurde zur Auflage gemacht, daß diese Arbeiter nicht mit am gleichen Tisch essen durften. Allerdings hielt sich niemand daran und alle aßen am gleichen Tisch und bekamen das gleiche Essen. Bis März 1945 blieb unser Ort von einem direkten Kriegsgeschehen verschont. Leider trafen immer wieder Nachrichten ein, daß ein Soldat an der Front gefallen ist. So kam auch im März die Nachricht, daß unser Bruder Karl am 2. März 1945 in Schlesien gefallen ist. Es kam ein kleines Päckchen vom Kompanie-Chef, darin war ein Brief, die Armbanduhr und die Kenn-Nummer. In diesem Brief drückte der Offizier das Beileid aus. Für jeden gefallenen Soldaten wurde ein Trauer-Gottesdienst in unserer Kirche abgehalten. Bei diesen Gottes-Diensten nahm die Sallacher Bevölkerung meist großen Anteil. Die Leute im Ort waren doch in dieser Zeit alle sehr gedrückt, denn es gab kaum eine Familie, die nicht einen Angehörigen in diesem Krieg verloren hätte. So hoffte man, daß dieses Geschehen bald zu Ende gehen möge und damit weitere Verluste und Kriegsschäden vermieden werden. Doch kam es ganz anders und die Ereignisse in Sallach überschlugen sich in diesen letzten Kriegsmonaten. Man hörte, daß verschiedentlich Bauern auf dem Felde von Tief-Fliegern angegriffen wurden. Nachdem die meisten, vor allem jüngere Pferde, bei Kriegsausbruch der Wehrmacht zur Verfügung gestellt werden mußten, gab es meist nur noch Ochsen-Gespanne. Auch bei uns in Sallach wurde ein Ochsen-Gespann bei Feldarbeiten bei Flur Haader am Nachmittag durch feindliche Flieger beschossen. Zum Glück wurde jedoch niemand verletzt. Man kann sich vorstellen, als dies bekannt wurde, wie den Leuten auf freiem Feld mit einem Gespann zu Mute war. Es war jedoch die Zeit der Feldbestellung und die Arbeiten gingen trotzdem weiter. Durch Radio erfuhr man, wie die Front ungefähr verlief. Man spürte, daß wir unmittelbar davon betroffen werden sollten. Zunächst mußte jedes Haus Wohnraum für die zu erwartenden Flüchtlinge aus dem Osten bereitgestellt werden. Herr Oberlehrer Wagner ging von Haus zu Haus und hielt die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten fest. Eines Tages trafen diese Flüchtlinge bei uns ein. Sie kamen mit ihren Trecks, fast ausnahmslos mit Pferdefuhrwerken bei uns an. Die ganzen Habseligkeiten waren auf einem Plan-Wagen verstaut. Darauf saßen die Kinder und Älteren Leute, also die Familien-Angehörigen, die nicht anderweitig für die Wehrmacht eingesetzt waren. Herr Oberlehrer Wagner u. Herr Bürgermeister Georg Bauer verteilten die Ankommenden an die einzelnen Familien in Sallach. Die Unterkünfte reichten jedoch bei weitem nicht für alle aus. Man hat daher einen Teil in Massenunterkünfte in unseren Schul-Sälen untergebracht. Die Sallacher Frauen stellten hierfür Betten zur Verfügung. Zur Freude der Kinder fiel der Schulunterricht natürlich aus. Immer wieder wurde im Radio aufgerufen, Widerstand dem Feind zu leisten. Es wurden daher überall Volkssturmeinheiten gegründet, die den Feind aufhalten sollten. Diese Einheiten bestanden aus Jugendlichen, die noch nicht zum Militär eingezogen waren, sowie aus den älteren Männern, die in der Heimat verblieben sind. So wurde auch in Sallach zum Volks-Sturm aufgerufen und es war Pflicht, mit dabei zu sein. Es kam ein Unter-Offizier und ordnete über den Bürgermeister an, daß sich die in Frage kommenden zur Verfügung stellen müssen. Diese Männer erhielten Gewehre (Karabiner) und wurden einige Male zu Schieß-Übungen jeweils abends in ein bis zwei Stunden ausgebildet. Auch wurden sie Über die Panzer-Faust unterrichtet und ihnen einige dieser Waffen übergeben. Unser Volks-Sturm in Sallach kam jedoch nie zum Einsatz und war ohne jeglicher Führung eine lose Gruppe. Zur weiteren Verteidigung der Ortschaften mußten Panzer-Sperren errichtet werden. Nachdem die Amerikaner vom Westen her anrückten, wurde auch in Sallach, am Orts-Eingang zwischen Anwesen Zankl und Bertl eine Sperre über die Hauptstraße errichtet. Die Sperre war aus starken Holzpflöcken, die links und rechts neben der Straße im Graben befestigt wurden, Bei Herannahen des Feindes sollten große Baum-Stämme dazwischen über die Straße gelegt werden und an den Pfählen links und rechts befestigt werden. Es war ein Provisorium und man kam dieser Aufforderung zunächst nach, obwohl man wusste, daß dies alles sinnlos sei. Beim Einmarsch der Amis war jedoch von den Befehlsgebern niemand mehr zu sehen. Diese Sperre wurde daher bei uns in Sallach nicht eingesetzt, es war also kein Hindernis, daher fiel auch kein Schuß.
In den April-Tagen sah man öfters vereinzelt feindliche Flugzeuge. Wer sich im Freien aufhielt, sollte sicherheitshalber in Deckung gehen. Evtl. in einer Mulde, Graben od. Strauch od. ähnlichem Versteck Schutz suchen. Man sah am Tag kaum noch Autos fahren. Auch die Eisenbahn schränkte den Betrieb zwischen Neufahrn und Straubing ein. Sie fuhr noch vereinzelt am Tage, da die Gefahr angegriffen zu werden, groß war. So geschah es, daß am Karsamstag den 2.4.1945 der Mittagszug aus Straubing in Richtung Neufahrn fuhr. Plötzlich hörten wir ein wiederholtes Krachen und wußten sofort, daß feindliche Flieger in Sallach ein Ziel beschossen haben. Es dauerte nicht lange und wir erfuhren, daß der Zug kurz vor Sallach mit MG's beschossen wurde. Es war in der Nähe der Lohmühle, an der Stelle, wo ein kleiner Weg von der Hauptstraße nach Dengkofen fährt. Der Zug blieb bei der Unterführung stehen. Aus der Lokomotive drang Wasser und Dampf durch die Einschüsse. Es gab 5 Tote, 6 Schwerverletzte und 7 Leichtverletzte. Die übrigen Mitreisenden liefen in alle Richtungen auseinander. Ganz aufgeregt kamen einige Sallacher, die im Zug waren durch das Dorf und erzählten von dem grausigen Geschehen. Als ich später an diesem Ort ankam, sah ich, daß die Toten am Bahndamm lagen. Der Lokführer und Heizer waren durch das ausströmende Heißwasser und durch den Dampf, sowie vom Feuer teils verbrannt. Am späten Abend wurde der Zug von einer Lokomotive, die aus Neufahrn kam abgeschleppt. Von diesem Tage an getraute sich niemand mehr mit der Eisenbahn zu fahren. Meine Schwester Maria, sowie Maria Wagner saßen in diesem Zug, Beide blieben jedoch unverletzt. Seit Beginn des Krieges an, wurden diverse Bestimmungen erlassen. Es hieß, wer dagegen verstößt, wird mit dem Tode bestraft. (Den Betreffenden hätte man zumindest in das KZ - Dachau verfrachtet). So dürfte man im Radio keinen ausländischen Sender abhören. Erst nach dem Krieg stellte sich heraus, daß doch ein Teil der Bevölkerung diese ausländischen Nachrichten mitunter abgehört haben. So geschah es, daß in der Nacht vom 27. zum 28. April 1945 der Münchener Rundfunk eine aufsehenerregende Nachricht brachte:" Hier ist die Freiheits-Aktion-­Bayern". Es wurde ein Aufruf erlassen, daß die Amerikaner kurz vor München stehen. Der Krieg sei aussichtslos, jeder Widerstand ist zwecklos, ja verbrecherisch. Er bringt nur noch weiteres Unheil über unser Land. Sprengsätze, Hindernisse und Panzersperren müßten unbedingt beseitigt werden. Durch diese Meldung wurden die Leute verunsichert, man wußte nicht, wie es steht, ist der Krieg aus, oder wird noch weiter gekämpft. Aber schon im Laufe des Tages am 28. 4. kamen be­reits wieder andere Meldungen und dieser vorhergehende Bericht wurde dementiert.
Man kann sagen, auch in diesen letzten Kriegswochen, als der Feind überall in Deutschland im Vormarsch war, wurden immer wieder Siegesmeldungen im Radio verbreitet. Man sprach von den heldenhaften Ein­sitzen und Verteidigungen der Deutschen Armee, sowie des Volkssturms und der Bevölkerung. Die Front rückte immer näher heran und die Deutschen Wehrmachts­einheiten zogen sich weiter zurück. So kam es, daß in den ersten Mai-Tagen die Versorgungseinheiten (Tross) mit ihren Fahrzeugen auch nach Sallach kamen. Sie trafen bei Nacht ein, denn am Tag konnten sie sich wegen der feindlichen Flieger nicht mehr auf den Straßen bewegen. Die Fahrzeuge wurden in den Gehöften unter Schup­pen und Scheunen abgestellt. In unserem Anwesen war das Fahrzeug des Zahlmeisters. Er hatte auf dem Lastwagen neben Büro-Kram eine Kiste voll Reichsmarkbanknoten. Diese Truppe hielt sich etwa 2 Tage bei uns auf. Im Gespräch mit den Soldaten, wohin sie ziehen, sagten sie: "Ziel unbekannt". Jedenfalls Richtung Süden ins Gebirge. Diese Einquartierung verlief im Ort reibungslos, es gab keine Probleme. In diesen letzten Kriegstagen erfuhren wir, daß in der Umgebung verschiedene Versorgungslager geräumt werden und Waren preisgünstig abgegeben werden. Sie sollten dem Feinde nicht in die Hände fallen. So erfuhren wir, daß beim Scheuerer in Pullach, der einen Brennereibetrieb hatte, Schnaps günstig abgegeben wird. Alkohol war ja eine Rarität, die gab es seit Jahren nicht mehr. So machten sich Alfons Beutelhauser und ich auf und fuhren mit dem Fahrrad und einigen leeren Flaschen im Rucksack nach Pullach (bei Wallkofen). Jeder erhielt 3 Liter Schnaps, ca. 80 %iger Alkohol zum Preis von Reichsmark 1.- je Liter. Wir fuhren über Geiselhöring heim und kamen um die Mittagszeit auf der Hauptstraße zwischen Lohmühle und Ortseingang nach Sallach an. Auf dieser Landstraße bewegte sich ebenfalls eine Deutsche Infanterie-Einheit in Richtung Sallach. Die Kompanie war recht weit auseinander gezogen, so daß die ersten Soldaten bereits am Ortseingang waren. Es waren ausnahmslos jugendliche Soldaten mit Ausnahme der Gruppenführer. Man könnte diese Einheit fast als Volkssturm bezeichnen. Plötzlich tauchten wieder feindliche Flieger in größerer Entfernung auf. Sie flogen im Kreis Richtung Sünching und waren plötzlich wieder zu sehen. Die Soldaten und wer sich auf der Straße befand, ging in Deckung, soweit dies möglich war. Es war links und rechts der Straße ein kleiner Graben und auf der einen Seite der Bach. Ich war mit einigen Soldaten an der Brücke, wo der Weg zur Hagmühle abzweigt, Die Straße war völlig leer, doch sahen wir, daß ein Personenauto von Sallach kommt. Durch das Verhalten der Soldaten erkannte der Fahrer erst diese Gefahr. Er ließ das Auto direkt vor uns stehen und ging ebenfalls in Deckung. Es war der Tabakhändler Breu aus Pfaffenberg. Es dauerte nicht lange, bis wir die Flieger über Hagmühle anfliegen sahen und erkannten sofort die Gefahr. Im Nu waren wir unter der Brücke im Bach verschwunden. Das war unsere Rettung. Schon krachten die MG's und feuerten aus allen Rohren auf das Auto. Dies wurde vollständig demoliert. Es waren ca. 3 bis 10 feindliche Maschinen, die 2 mal dieses Ziel anflogen. Wie ein Wunder wurde bei diesem Angriff niemand verletzt. In einem Gespräch mit Herrn Xaver Wallner aus Hagmühle sagte dieser: "Er habe das Geschehen von der Mühle aus beobachtet und glaubte, daß hier niemand mehr heil wegkomme." Der Nachmittag verlief dann ruhig. Es war nichts mehr zu sehen. Nur noch ganz selten sah man ein Deutsches Flugzeug am Himmel. Die feindliche Luftwaffe war so stark und überlegen, daß sie den ganzen Luftraum über Deutschland beherrschte. Doch auch in diesen Tagen hörte man über dem Wald in Richtung Hagmühle/Sünching ein eigenartiges Geräusch. Es sollte sich jedoch bald heraus stellen, daß ein deutsches Flugzeug in dieser Gegend im Wald abgestürzt sei. Vermutlich flog dieser Flieger aus Sicherheitsgründen sehr niedrig und streifte dabei Bäume, die dann zum Absturz führten. Alsbald kamen deutsche Wehrmachtsangehörige und sperrten die Absturzstelle ab und niemand durfte unmittelbar diese Stelle besichtigen. Einige Sallacher, vor allem Jugendliche, machten sich sofort auf und eilten dorthin, denn dies war ja ein besonderes Ereignis. Sie wollten die Absturzstelle, sowie das Wrack besichtigen. Die Wachposten hielten sie jedoch zurück und verjagten sie immer wieder. Es war ihnen daher nur möglich, aus einiger Entfernung diese Absturzstelle mit den umgeknickten Bäumen zu besichtigen. Bei diesem Absturz kam der Pilot ums Leben. Er war in der Flugzeugkanzel eingeklemmt und hatte so schwere Verletzungen erlitten, daß er auf der Stelle tot war. An dieser Absturzstelle wurde später ein einfaches schlichtes Holzkreuz errichtet. Dieses Kreuz sollte an den unbekannten Tod des Piloten erinnern. Doch auch unsere jüngeren Frauen aus Sallach haben diesen Flieger nicht vergessen. Vor allem an schönen Sonntagen ging man wiederholt an diesen Ort und schmückte die Absturzstelle mit dem Kreuz mit Blumen. Wiederum in der ersten Maiwoche ereignete sich etwas Einmaliges in unserer Ortschaft. Wir hörten eines Nachts recht eigenartige Geräusche von der Straße her kommend. Hinter unseren geschlossenen Fenstern schauten wir zur Straße und sahen Gestalten, die sich schleppend und ungeordnet langsam weiterbewegten. Es wurde nichts gesprochen. Zunächst wußten wir nicht, um welche Organisationen sich dabei handelte. Wir sahen zwar daß sie eigenartige Kleider trugen (Sträflingsanzüge). Erst am nächsten Tag wurde allgemein bekannt, daß es sich um KZler ­handelte. Diese wurden aus dem Lager Dachau bei uns durchgeschleust, man wollte sie den heran rückenden Amis nicht in die Hände fallen lassen. Dazu eine Anmerkung: Unser allen bestens bekannter Theo Speiseder hatte dieses Geschehen ebenfalls beobachtet und ging nachts vor sein Anwesen und wollte mit den Leuten sprechen, Er sagte u.a: „No, Kameraden, wo geht´s denn hin"? Er wußte ja auch nicht, daß es die KZler aus Dachau waren. Er bekam allerdings von den Leuten keine Antwort. Sie schauten zu Boden und gingen ohne etwas zu sagen, weiter. Plötzlich kam ein Begleiter (Wachposten) auf ihn zu und sagte, was er hier eigentlich wolle, er soll sich sofort wegscheren er hat hier nichts zu suchen. Selbst­verständlich kam er der Aufforderung nach, denn diese wurde ihm sehr deutlich von dem Posten klargemacht. Über diesen Zug der KZler ist in unserer Gemeinde weiter nichts zu berichten. Sie zogen weiter. Wir wußten auch nicht wohin und sahen davon nichts mehr. Es ist noch allen älteren Mitbürgern von Sallach bekannt, daß beim Anwesen Speiseder am Stadl zur Hauptstraße von der Gemeinde eine Anschlagtafel angebracht war. Dort wurden die Plakate, die für die Ein­wohner bestimmt waren, angebracht. Dieser Platz war recht günstig, wenn man zur Kirche oder zum Hagn-Wirt ging, mußte man unwillkürlich dort hin schauen. Bis zuletzt sah man die Plakate der Nazis an dieser Anschlagtafel. Es waren noch folgende Plakate:

1.) Pst! Feind hört mit"
2.) Um Freiheit und Leben "Volkssturm"
3.) Ein Volk, ein Reich, ein Führer (mit Hitlerbild)
4.) Der Feind sieht dein Licht! Verdunkeln!
5.) Der Kohlenklau geht um!

Kurz vor Einmarsch der Amerikaner wurden diese Plakate über Nacht entfernt. Es war ja gewagt, diese zu vernichten. Man hätte mit Konsequenzen rechnen müssen. Durch die Entfernung der Plakate wollte man den heran rückenden Amerikanern keine Veranlassung geben, daß in unserem Ort noch Fanatiker für das NS- Regime vorhanden sind und evtl. noch Widerstand geleistet wird. Wer diese Plakate beseitigt hat, wurde nie bekannt. In diesen letzten Kriegstagen wurde von Deutschen Wehrmachtsorganisatoren angeordnet, daß für Nachschub und diverse Transporte Pferdegespanne bereitgestellt werden müssen. Man wußte, daß dies mit einem erheblichen Risiko verbunden sei. Zunächst war man den feindlichen Flugzeugen auf der Straße ausgeliefert. Es könnte auch sein, daß man mit diesen Militärtransporten in Feindberührung käme. Für diese Transporte kamen nur größere Bauern in Frage, denn nur diese hatten noch Pferdegespanne, sowie Bruck-Wagen, wo entsprechendes Material transportiert werden könnte. Für die Bereitstellung dieser Gespanne gab es dafür natürlich erhebliche Schwierigkeiten unter den Sallacher Bauern und derjenigen, die diese Maßnahme durchzuführen hatten. Der Weg mit den Pferdegespannen ging Richtung Mengkofen /Dingolfing. Wie uns berichtet wurde, ließen die Fahrer bei passender Gelegenheit die Fuhrwerke irgendwo im Wald stehen und verschwanden auf schnellstem Wege in Richtung Heimat. Sie kamen alle wieder gut zu Hause an. Nach der Kapitulation bemühte man sich, die Wagen wieder zu bekommen. Diese waren jedoch nicht mehr auffindbar. Für die Bauern war dies doch ein schwerer Verlust. Es gab ja zu dieser Zeit keine Möglichkeit, sich Ersatz zu beschaffen. In nachbarschaftlicher Hilfe wurde auch dieses Problem gelöst und man half, wenn es nötig war, sich gegenseitig aus. In der Mitte der Woche vom Sonntag, den 1. 5. bis Sonntag den 8.5.1945 hörte man schon vereinzelt von weither ein Krachen. Es waren Detonationen und man wußte, daß es Kanonenschüsse von der Front waren. Man bereitete sich auf den Einmarsch der Amerikaner vor. Die Leute besorgten sich heimlich weiße oder gelbe Fahnen, die sie als Zeichen des Friedens für die Gebäude vorbereiteten. Dies mußte alles heimlich geschehen, hätten die NS-Leute oder auch die SS-Soldaten dies erfahren, wäre mit Konsequenzen zu rechnen gewesen, die mitunter schlimme Folgen gebracht hätten. Trotz dieser gespannten Athmosphäre mußte das Vieh versorgt werden und alle gingen so weit erforderlich, noch der zu erledigenden Arbeit nach. Allerdings blieb man meist zu Hause oder auf dem Hof. Von einer Deutschen Einheit war in diesen Tagen allerdings nichts mehr zu sehen. Alle waren zwischenzeitlich Richtung Süden weiter gezogen. Als am Freitag, den 6. 5. 1945 gegen Mittag etwa 6 oder 7 amerikanische Jeeps von Laberweiting kommend durch Sallach fuhren, wußten wir, daß alles friedlich abgelaufen ist. Die Amis fuhren langsam durch den Ort, sie waren mit MP's bewaffnet. Mit dieser ersten Besetzung unseres Ortes ging es reibungslos vor sich, es fiel kein Schuß. Dies war eine Vorausabteilung der Amerikaner. Rechzeitig wurde noch in der vorhergehenden Nacht am Ortseingang die Panzersperre beseitigt. Gleichzeitig wurden auch die Tafeln, die am Ortsein- und -ausgang angebracht waren, beseitigt. Auf diesen Tafeln stand; "Juden unerwünscht". Wer sie beseitigt hat, ist auch nicht bekannt geworden. Von unserem Volkssturm war ebenfalls nichts mehr zu sehen. Die paar Männer versteckten die Gewehre irgendwo zu Hause. Man hatte doch etwas Angst vor den durchfahrenden Soldaten. Es getraute sich, soweit ich dies beobachten konnte, in dieser Zeit niemand auf die Straße. Aus den geschlossenen Fenstern unserer Häuser schauten wir ihnen zu. Es gab weder freundlichen Empfang, auch keine Begrüßung, man ließ dieses Geschehen einfach über sich ergehen. Die Nacht vom 6. auf 7. Mai 1945 verlief ruhig. Es war von Kampfhandlungen nichts zu hören. Dann kam der Samstag, der 7. 5. Im Lauf des Vormittags rückten plötzlich schwere amerikanische Fahrzeuge mit Kanonen und vor allem Panzern und Geschützen an. Sie fuhren langsam durch unseren Ort und blieben immer wieder längere Zeit stehen. Sie kamen aus Richtung Westen und fuhren auf der Hauptstraße nach Geiselhöring. Die meisten Häuser von Sallach hatten bereits gelbe und weiße Fahnen gehisst. Dies war das Zeichen des Friedens und daß kein Widerstand geleistet wird. Wir hatten keine Fahne an unserem Haus. Da kam ein Ami auf unser Haus zu und sprach in gebrochenem Deutsch: " Wo ist Fahne, sonst Schuß!". Wir beeilten uns und suchten nach irgend einer Möglichkeit, Als Notlösung nahmen wir ein Betttuch, hängten es am Speicher aus dem Fenster und hofften, daß damit die Angelegenheit erledigt ist. Als die Ami's dies sahen, schwenkten sie den Panzer wieder in Richtung Fahrt. Gleichzeitig lachten sie alle über diese Fahne und hatten sichtlich ihren Spaß. Auch von dieser Einheit fiel kein Schuß, denn es wurde ja auch kein Widerstand geleistet. Die Deutschen Einheiten hatten sich ja zwischenzeitlich in Richtung Süden abgesetzt. Die Einwohner von Sallach waren den Amis gegenüber doch etwas scheu und auch reserviert. Es gab auch hier keine Begrüßung, keine Begeisterung, man schaute dem Geschehen aus sicherer Entfernung zu. Die Leute blieben im Haus od. im Hof. Als diese Einheiten abgezogen waren, war es am Nachmittag wieder ruhig. Sicherheitshalber ging an diesem Tag niemand aus dem Haus, auch die Wirtshäuser blieben in diesen Tagen leer. Am Sonntag den 8. Mai gingen wir Sallacher alle wie gewohnt zur Kirche. Die Gespräche waren nat. auf die Ereignisse von diesen Tagen gerichtet, Man war erleichtert, daß bei uns mit dem Einmarsch und der Besetzung der Amis alles gut vorübergegangen ist und kein Schaden angerichtet wurde. Dieser Sonntag, der 8. 5., war ein wunderschöner sonniger Maientag. Unser Vater, Karl Hien, ging wie gewohnt am Nachmittag zwischen 13 und 14 Uhr in den Wald nach Gallhofen spazieren. Als er kurz am Waldesrand ankam, gesellte sich ein SS-Mann zu ihm und sagte höflich, aber bestimmt, was er hier eigentlich wolle und er müsse mit ihm gehen. Mein Vater sah, daß er eine Pistole trug und ging deshalb mit ihm. Im Wald oben auf dem freien Feld, waren leichte Fahrzeuge und eine ganze SS-Abteilung. Sie fragten ihn aber alles Mögliche. Ob Amis im Ort sind, ob er einen Altweck kenne und wie es im Dorf aussieht. Durch dieses Gespräch erkannten sie, daß er ein Spaziergänger war und daß er nichts auskundschaften wolle. Sie behandelten ihn daher höflich und gut. Boten ihm zu essen und trinken an, gaben ihm Schokolade, Tabakwaren und dergl. Gleichzeitig sagte sie zu ihm, er müsse nun bis abends hier bleiben, denn er könnte sie ja an die Amis verraten. Es war doch ein gewisses Mißtrauen vorhanden. Unsere Mutter zu Hause machte sich große Sorgen, denn dieses lange Ausbleiben von unserem Vater war ja nicht üblich. Sie fragte uns Kinder, ob wir wissen, wo er sei. Wir alle wußten nat. nichts. Ich habe allerdings im Lauf des Nachmittags von Alfons Altweck erfahren, daß SS-ler im Walde sich versteckt haben. Er hat sie mit dem Fernglas beobachten können, ferner hat er das Geräusch von Fahrzeugen gehört. Endlich gegen 6 Uhr abends kam unser Vater doch recht aufgeregt heim. Wir wußten, daß etwas Besonderes vorgefallen sein musste. Über seinen Verbleib sagte er nichts aus. Er warnte uns jedoch eindringlich, nicht aus dem Hause zu gehen, vor allem nicht mehr bei Dunkelheit, es droht Gefahr. Plötzlich war er wieder verschwunden, ohne daß wir zunächst etwas gemerkt haben. Wir beobachteten dann später, daß er wieder in Richtung Gallhofen ging. Erst am nächsten Tag sagte er uns alles. Die SS hat von ihm verlangt, daß er nochmals kommen müsse und berichten, ob Amis im Ort stationiert sind und ob evtl. Fahrzeuge unterwegs auf der Straße od. im Ort sind. Sofern er diese Nachricht nicht bringt und nicht zurückkommt, wird nachts ganz Sallach in Brand gesteckt. Diese Drohung nahm unser Vater sicher ganz ernst und kam daher der Aufforderung nach. Die SS-ler dankten ihm für sein Kommen, verabschiedeten sich von ihm und fuhren dann noch in der­selben Nacht weiter angeblich Richtung Grasslfing durch den Wald. Erst einige Tage später wurde uns das ganze Geschehen erst klar. Ich erfuhr, daß am Sonntag um die Mittagszeit ein fremder Mann in Zivil am Ortseingang aus Richtung Eitting kam und sich mit verschiedenen Leuten über zum Teil belanglose Sachen unterhielt. So traf er auch mit Alfons Altweck zusammen, Dieser erzählte dem Fremden, daß er vorsichtig sein soll, da sich im Wald SS-ler befinden, Diesen Leuten kann man nicht trauen, sie sind gefährlich. Gleichzeitig sagte er zu ihm, dies müßte man eigentlich den Amerikanern melden, damit nicht evtl. noch ein Überfall von dieser Einheit erfolgen könnte. Unseren Alfons Altweck hätten diese SS-ler nat. gerne gehabt. Dieser Fremde war nämlich ein SS-ler aus dieser Einheit und wollte sich über die Situation in Sallach informieren. Es gehörte sicher ein großer Mut dazu, daß sich unser Vater nochmals in die Bände der SS begeben hat. Aber sicher ist anzunehmen, daß dadurch einige Gehöfte nicht in Brand gesetzt wurden und daher Schaden abgewendet werden konnte. Für uns war nun der Krieg zu Ende. Im Radio wurde am Montag, den 9.5. berichtet, daß die Kapitulation unterzeichnet ist und offiziell der Krieg beendet ist. Die Amis waren in Geiselhöring stationiert und patrollierten von Zeit zu Zeit am Tage durch unseren Ort. Es wurde von den Amerikanern ein Aufruf mit Plakatanschlag erlassen, was zu befolgen ist. Z.B. es müssen sämtliche Waffen, Munition, sowie Foto-Apparate abgeliefert werden. Abends bei Dunkelheit durfte man nicht mehr auf die Straße. Einige wesentliche Auszüge aus dieser Proklamation, die für uns unmittelbar zutreffend waren:

>Wir kommen als siegreiches Heer, jedoch nicht als Unterdrücker. Führer der Wehrmacht, der NSDAP usw. die Verbrechen begangen haben, werden angeklagt und einer gerechten Strafe zugeführt. Alle Personen haben widerspruchslos sämtliche Befehle und Veröffentlichungen der Militärregierung zu befolgen. Widerstand wird unnachsichtlich ge­brochen und schärfstens geahndet. Unterrichts- bzw. Einrichtungs­anstalten werden bis auf weiteres geschlossen.<

In dieser Woche, als die Amis unseren Ort bereits besetzt hatten, kamen immer wieder einige Deutsche Soldaten in Zivil durch unser Dorf. Es waren dies Leute, die sich von der Truppe abgesetzt hatten und wollten auf eigene Faust nach Hause, um nicht in Gefangenschaft zu kommen. Als sie sahen, daß ich mit Krücken ging, war ich für sie Ansprechpartner, da sie annehmen konnten, daß auch ich Soldat war. Meistens fragten sie nach dem Weg und wo Amis sind. Dazu kam, daß sie seit Tagen keine warme Mahlzeit mehr hatten und um etwas Essen baten. Sie erhielten etwas Geselchtes, Sauerkraut und Kartoffeln. Dies war ja auch unsere fast tägliche Nahrung in der Landwirtschaft. Als Reiseproviant bekamen sie noch gekochte Kartoffeln, sowie ein Stückchen Fleisch und Brot mit auf den Weg. Ich kann mich an zwei Soldaten erinnern, diese hatten zur Tarnung je einen Rechen auf dem Buckel und gingen sie so auf dem Feldweg. Mit diesem Gerät wollten sie sich als landwirtschaftliche Arbeiter ausgeben, die auf das Feld zum Arbeiten gehen wollen. Einige Soldaten kamen auch vom Lazarett in Mallersdorf. Sie waren einigermaßen ausgeheilt und wollten ebenfalls nach Hause. Einer hatte ein übriges Paar Schuhe bei sich und wollte da­für Verpflegung eintauschen. Wieder ein anderer versuchte bei einem Bauern unterzukommen und nur für Verpflegung einige Zeit arbeiten zu dürfen. Doch eine Vermittlung war trotz der Not an landwirtschaftlichen Arbeitern recht schwierig. Man befürchtete doch hier mit den Amis in Konflikt zu kommen, sofern dies bekannt werden sollte. Es war am Samstag, den 14. Mai 1945. Da ereignete sich eine Tragödie in unserem Ort. Kurz vor dem Mittagessen war ich noch bei unserem Schmied (beim Daffner Josef). Da hörten wir von der Straße her einen Hilfeschrei. Wir sahen, daß eine Frau von Laberweinting kommend, mit dem Fahrrad unterwegs war. Sie wurde von einem Polen angehalten, dieser wollte ihr das Fahrrad wegnehmen. Der Vorgang war direkt vor der Schmiede. Die Frau wehrte sich und hielt das Fahrrad mit beiden Händen fest. Zunächst war niemand zur Stelle, der ihr hätte helfen können. Plötzlich kam Jakob Amann von zu Hause, der gerade vom Feld heimkam, und wollte in der Schmiede etwas erledigen. Der hilfsbereite Amann eilte sofort der Frau zu Hilfe. Er sprach mit dem Polen, dieser wurde dadurch abgelenkt, die Frau nahm das Rad an sich und fuhr eiligst davon. Der Pole war wütend und fing Streit mit Amann an. Amann sagte zu ihm, daß dies Diebstahl sei und er soll dies lassen und heimgehen. Der Pole zog daraufhin ein Messer und fuchtelte mit erhobener Hand in der Luft herum und sagte: „Ich Polenmesser!". Kurz darauf drehte sich der Pole um und stach mit aller Gewalt auf Amann ein. Dieser Stich drang ins Herz und war tödlich. In einiger Nachbarschaft wurde dieses Geschehen ebenfalls gesehen. Die Leute strömten auseinander und ver­sperrten sofort ihre Häuser. Der Pole grölte und versuchte, in die umliegenden Häuser einzudringen. Ich ging zu Amann und führte ihn in die Schmiede und setzte ihn dort auf den Boden. Als ich sah, daß er stark blutete, wollte ich dies mit einem Taschentuch abbinden und ihm Hilfe leisten. Doch merkte ich bald, daß dies vergeblich sei. Ich bemühte mich daher, umgehend die Ehefrau zu verständigen. Sie kam auch recht bald herbei und sah, daß es mit ihrem Mann zu Ende geht. Er war nicht mehr ansprechbar und reagierte auch nicht mehr. Er blieb am Holzboden, wo die Pferde beschlagen wurden, liegen und verstarb. So schnell ich konnte, ging ich mit meinen Krücken zum Löw und versuchte, die Amis tel. zu verständigen. Dies war jedoch recht schwierig und dauerte einige Zeit. Mein Gespräch wurde dann durch die tel. Vermittlung, von einem Fräulein, das englisch sprach, an die Amis weitergegeben. Etwa nach einer Stunde kamen die Amis mit einem Jeep und nahmen den Polen, der zwischenzeitlich beim Wildbauern ankam, mit. Dieses Ereignis verbreitete sich schnell in der ganzen Gemeinde. Die Bevölkerung war natürlich von diesem Ereignis geschockt. Man nahm großen Anteil an der Familie Amann und bedauerte, daß der hilfsbereite Jakob auf diese Weise ums Leben kam. Bei der Beerdigung nahm die gesamte Gemeinde teil. Längere Zeit blieb es dann still um diesen Vorfall. Ca. ein Jahr später erhielt Konrad Schrecker und ich eine Vorladung beim Amtsge­richt Mallersdorf. Es wurde die Verhandlung angesetzt und wir beide, die diese Tat unmittelbar gesehen hatten, wurden als Zeugen geladen, Unsere beiden Aussagen stimmten ziemlich genau überein, ohne daß wir uns irgendwie abgesprochen hätten. Der Pole wurde zwar verurteilt, aber das Urteil selbst fiel gemessen an dem Verbrechen, niedrig aus. Mit den schweren Fahrzeugen, sowie mit den Panzern fuhren die Amerikaner auch auf Seitenstraßen. So bewegten sie sich auf der Verbindungsstraße von Sallach nach Eitting. Doch die Brücke über die kleine Laaber beim Kirchberger in Gallhofen hielt diese Last auf Dauer nicht aus. Eines Tages brach sie durch die Schwere eines Panzers ein. Es war in dieser Zeit sehr schwierig, Material für die Wiederher­stellung der Brücke zu bekommen. Nur gegen Tausch von Lebensmitteln konnte dies beschafft werden. In Gemeinschaftsarbeit der Sallacher Männer wurde die Brücke in einiger Zeit wieder hergestellt. Dank unserem damaligen Bauleiter, Schorsch Zankl, ging dies reibungslos vor sich.
Es war in der ersten Woche, nachdem die Amerikaner in Geiselhöring stationiert waren, nahmen sie mit dem Bürgermeistern der Gemeinden Verbindung auf und gaben ihre Anordnungen an sie weiter. So kam es, daß unser Bürgermeister Georg Bauer eines Tages auch zu mir kam und sagte:" Auf Anordnung der Amis haben sich alle Männer zur Untersuchung einzufinden. Diese sollte in Iffelkofen/Jellenkofen bei Ergoldsbach durchgeführt werden. Sämtliche männlichen Einwohner von Sallach fanden sich dazu an einem bestimmten Tage ein. Wir wurden mit einem gummibereiften Brückenwagen, auf dem Bretter als Sitzgelegenheit waren nach Jellenkofen transportiert. Sebastian Wild fuhr uns mit seinem Traktor. In Jellenkofen angekommen, befanden wir uns an einem allein stehenden Bauernhof, in dem einige Amis untergebracht waren. Die Untersuchung ging sehr schnell vor sich. Jeder mußte einzeln beim Arzt eintreten, den Oberkörper frei machen und die Hose runter lassen. Der Arzt nahm diese Untersuchung fast teilnahmslos hin, er schaute lediglich auf die Arme. Erst später wurde uns klar, was diese Untersuchung zu bedeuten hatte. Wie bekannt, hat jeder Soldat, der bei der Waffen-SS war, am linken Oberarm eine Tätowierung. Es war das Zeichen der Blutgruppe entweder 0, A, B od. C. Die Amis wollten sich daher vergewissern, ob evtl. Männer dabei sind, die bei der SS waren. Wiederum kam eines Tages unser Bürgermeister Georg Bauer zu mir und sagte, es müssen alle Soldaten der Deutschen Wehrmacht, die noch im Ort sind, in ein Gefangenenlager. Ich muß mich bereithalten, ich werde am Dienstag, den 17. 5. von den Amis abgeholt und ins Lager in die Jahnturnhalle in Regensburg gebracht. Als an diesem Tag ein Fahrzeug ankam, war bereits ebenfalls ein Soldat aus Geiselhöring mit dabei. Auch er war Oberschenkel amputiert. Die Fahrt nach Regensburg verlief reibungslos. In der Halle waren bereits Soldaten, die alle Kriegsverletzungen hatten, Zum Essen gab es jeden Tag Eintopfsuppe, die nicht gesalzen war, da an­geblich kein Salz vorhanden war. Ferner gab es für den Tag ein Stück Brot und etwas Tee zum Trinken. Nach einigen Wochen wurden bereits Entlassungen vorgenommen. Man mußte vor einem Käptn, der deutsch sprach, treten, Man wurde über Parteizugehörigkeit ausgefragt und bei welcher Einheit man gedient hatte. Als ich berichtete, daß ich beim Jungvolk, sowie bei der Hitlerjugend war, mußte ich ihm sagen, warum ich diesen Organisationen beigetreten bin. Diese Gespräche hatten jedoch weiter keinen Einfluß auf die Entlassung. Am Mittwoch, den 22. Juni 1945 wurde mir der Ent­lassungsschein übergeben. Mit einem Bekannten aus Geiselhöring wurden wir am nächsten Tag von den Amis mit einem Lastwagen bis vor unsere Haustüre gefahren. Damit war meine Militärzeit offiziell zu Ende. Den Entlassungsschein von den Amis habe ich mir sorgfältig aufbewahrt und liegt als Fotokopie, als einmaliges Dokument, bei. Zwischenzeitlich hat sich das Leben in Sallach so langsam wieder normalisiert. Von den Amis ging keine Behinderung oder sonstige Schikane aus. Die Arbeiten auf den Höfen und Feldern wurde wieder ordnungsgemäß verrichtet. Nur noch vereinzelt fuhren amerikanische Fahrzeuge durch unseren Ort. Die Zeiten waren doch noch etwas unsicher. Einbruch, Diebstahl usw. kamen zeitweise vor. Es wurde daher angeordnet, daß nachts jeweils zwei Mann das Dorf zu bewachen haben. Dies wurde abwechslungsweise von den älteren Männern übernommen. Sie mußten alle zwei Stunden mindestens einmal das Dorf auf- und abgehen. Sie waren mit einem Stock versehen, der evtl. zur Verteidigung dienen sollte. Anfangs hielt man sich streng an diese Anordnung. Doch im Laufe der Zeit ließ dies sehr stark nach, bis diese Bewachung eines Tages wieder eingestellt wurde. Im Laufe der nächsten Monate kehrten auch die ersten deutschen Soldaten aus den Gefangenenlagern heim. Sie befanden sich alle in westlicher Gefangenschaft und haben diese Zeiten verhältnis­mäßig gut überstanden.

Am Rande noch eine kleine Episode:
Herr Ludwig Schrecker, genannt Schmied Wigg, aus Geiselhöring, be­suchte eines Tages die Verwandten in Sallach. Als er heimging, war er auf halbem Weg nach Geiselhöring und hielt ein Ami-Fahrzeug auf. Er war nämlich gehbehindert und wollte sich damit den Weg ein wenig erleichtern. Die Amis nahmen ihn in einem Jeep mit und er freute sich darüber sehr. Als er ihnen verständlich machen wollte, in Geiselhöring auszusteigen, fuhren sie jedoch weiter in Richtung Perkam. Erst dort ließen sie ihn wieder laufen. Dies erzählte uns Herr Schrecker öfters und hatte daher von den Amis keine gute Meinung.

Zwischenzeitlich sind fast 50 Jahre vergangen, daß dieser Krieg zu Ende ging. Was haben diese Zeiten für unser Land und auch für unseren Ort für ein Unheil gebracht. Wie viel vor allem jüngere Männer, mußten ihr Leben lassen und kehrten nicht mehr in die Heimat zurück. In einem bescheidenen Kriegerdenkmal im Friedhof in unserem Ort sind diese Soldaten namentlich festgehalten. Auch unsere älteren Mitbürger, vor allem unsere Frauen, sollten hier nicht vergessen werden, Was sie in dieser Zeit geleistet haben, kann man heute kaum mehr ermessen. Sie hatten in der Heimat die Hauptlast zu tragen. Mit Fleiß und Umsicht und Ausdauer, haben sie dies alles bewältigt. Es gab kein Ausruhen, keinen Urlaub, keine freie Zeit. Doch hielten unsere Sallacher fest zusammen und halfen sich auch gegenseitig aus. Trotz der vielen Arbeit versäumten sie es nicht regelmäßig jeden Sonntag zur Kirche zu gehen. Sicher haben sich dort unsere Frauen die Kraft und den Trost geholt, um dies Alles bewältigen zu können. Wenn auch ein Teil der älteren Mitbürger nicht mehr am Leben ist, sei an dieser Stelle doch allen für ihren Einsatz und für ihre Hilfsbereitschaft herzlich gedankt.


Pater Hugo Rernpöck, berühmter Musiker aus Sallach

Pater Hugo Rernpöck (1742-1776) war ein gebürtiger Sallacher und ist noch heute wegen seiner Kompositionen weit über unsere Dorfgrenzen hinaus gekannt. Auf vielfaches Treiben soll er auf diesen Weg den Sallachern, von denen ihn nahezu keiner kennt, näher gebracht werden. Neben Pfarrer Reindl (1873-1946), dem Verfasser der ersten Sallacher Chronik und Freiherr Franz Ludwig von Wolfswisen (1671-1742), Bewohner des Sallacher Schlosses und Befreier der Stadt Straubing im Österreichischen Erbfolgekrieg, ist er eine weitere herausragende Persönlichkeit, auf den die Sallacher stolz sein können und dem ein Platz auf dem Gedenkstein zur 1000-Jahr-Feier zugedacht ist.

Warum sich Simon Rernpöck, ein Schuster aus dem benachbarten Eitting, zusammen mit seiner Frau Maria hier in Sallach ankauften, wissen wir nicht. Aber es mögen wirtschaftliche Gründe gewesen sein, wie dies auch heute noch bei Ortswechseln der Fall ist. Das Ehepaar Rernpöck (Rernböck, Röhrnbeck...) wohnte im Beihaus des Wildhofes. Heute steht dieses Gebäude nicht mehr. An seiner Stelle hat Karl Wild jun. ein neues Haus errichtet. Josef (!) Rernpöck wurde am 7. Juli 1742 in Sallach geboren und wuchs also im Herzen Sallachs, in unmittelbarer Nähe zur Kirche auf. Wer seine Begabung und sein musisches Talent entdeckt hat, können wir nur mehr vermuten. Wahrscheinlich aber war es Pfarrer Ernst Freiherr von Bernklau, der von 1737 bis 1754 in Sallach amtierte und danach Weihbischof von Regensburg wurde. Vielleicht fiel ihm die Begabung des jungen Josef Rernpöck beim Ministrantendienst oder in der Feiertagsschule auf.
Auf jeden Fall musste es eine Empfehlung für eine weiterführende Schule gegeben haben, denn im Schuljahr 1754/55 finden wir Josef Rernpöck als Schüler der ersten Klasse des Jesuitengymnasiums in Straubing (heutiges Turmairgymnasium). Seine ersten Zeugnisse sehen nicht so aus, als ob er zu großen Hoffnungen berechtigte. Doch schon in den folgenden Jahren wird er den besseren Schülern zugerechnet. Auch die Musikalität des jungen Josef R. wird bald entdeckt und er wird mehrfach zu Theateraufführungen des Jesuitengymnasiums herangezogen. Bei Singspielen wird er zunehmend auch als Sängersolist geführt. Wegen seiner musikalischen Begabung wird er als Zögling des Seminars des heiligen Franziskus geführt, in dem nach dem Willen des Stifters besonders begabte Schüler in Musik ausgebildet und gefördert werden. Die Geförderten mussten auch für Aufführungen in St. Jakob zu Verfügung stehen. Als Schüler der Poetenklasse wirkt Rernpöck 1759 in dem Fastnachtsspiel „Die bestrafte Trunkenheit“ mit. Während der letzten Gymnasialklasse musste er jedoch das Gymnasium verlassen. „Wegen Gemeinschaft mit dem anderen Geschlecht“ wie die Beurteilung vermerkte. Die Abgangsbeurteilung fiel jedoch sehr milde aus, ansonsten wäre seine Laufbahn beendet gewesen.
Diese Entlassung veränderte sein Leben nachhaltig, so dass er im benachbarten Regensburg einen hervorragenden Gymnasialabschluss machte, mit dem er Aufnahme im Kloster Neustift bei Freising fand. Am 7. November 1762 legte er dort als Prämonstratenser mit dem Namen Pater Hugo seine Profess ab und wurde nach einem im Kloster abgeschlossenen Studium 1766 in Freising zum Priester geweiht. Obwohl sein Leben im Kloster sehr kurz war, übte er mehrere Ämter aus. Er wurde Sakristan und hatte aufgrund seiner besonderen musikalischen Begabung das wichtige Amt des Chorregenten inne. Daneben wirkte er als Vikar in der Klosterfiliale Kleinviecht und in der Wallfahrtsstätte Tüntenhausen. Pater Hugo Rernpöck starb am 26. Dezember 1776 im Alter von kaum 35 Jahren. In einer Nachricht an die verbrüderten Klöster (sog. Totenrotel) wird das geistliche Leben und die musikalische Leistung Pater Hugos gewürdigt, der „klein an Gestalt , aber scharf an Geist“ war. Aus seinem musikalischen Schaffen ist uns heute noch die Missa pastoritia (Hirtenmesse/Weihnachtsmesse) ex D erhalten geblieben. Sie ist für gemischten Chor, zwei Violinen,  Basso continuo und Orgel, dazu 2 Trompeten und Pauke gesetzt. Diese Messe gelangte 1806 in die Sammlung von Michael Huber und befindet sich heute unter den Musikhandschriften des Münchner Doms. Nach wie vor singt man sie in der Pfarrei St. Peter und Paul in Neustift bei Freising an Weihnachten. Durch einen Artikel von Stadtheimatpfleger Alfons Huber aus Straubing ist Manfred Plomer auf diese Messe gestoßen. Herr Lehrmann, Chorleiter und Heimatpfleger aus Freising, stellte ihm das Notenmaterial der Messe zur Verfügung und so konnte am 26. Dezember 2002, genau am 226. Todestag von Pater Hugo Rernpöck seine Messe zum ersten Mal in seinem Heimatort Sallach aufgeführt werden.
Bei der Aufführung war auch Stadtheimatpfleger Huber aus Straubing anwesend.  Er hatte vorher in einem Bericht der Laberzeitung angemahnt, dass Rernpöcks Heimatpfarrei Sallach sich selbst ehren würde, wenn sie das Gedächtnis dieses Komponisten in Erinnerung hielte und nach ihm wenigstens eine Straße benennen würde. Es ist sehr schön, dass im Gedenkstein zur Tausendjahrfeier unseres Ortes Sallach eine kleine Bronzetafel auch an den bekannten Komponisten erinnern wird, dessen Geburtshaus sich gleich gegenüber der Säule befand.


Grabplatte in der Krypta der Neustifter Kirche in Freising
 



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